Opa Max, unsere hauseigene Legende. Wer hat so etwas schon zu bieten? Bei uns im Freiberg gehört er mit seinen inzwischen 88 Jahren ganz einfach dazu. Vollpension hat er gebucht und sitzt jeden Morgen auf einen Milchkaffee an der Bar. Ja, 88 Jahre . . . und er schluckt nur ein einziges Pillchen täglich. Die Corona Impfung hat er übrigens sportlich weggesteckt wie nix.
Dass er gerade jetzt, zur Nordischen Heim-Ski-WM, meistens vor dem Fernseher hängt, versteht sich von selbst. Dem Oberstdorfer Karl Geiger drückt er die Daumen natürlich ganz besonders fest. Die Skisprung-Damen, mit dabei ist die Oberstdorferin Katharina Althaus, hat er ebenfalls fest im Blick. Dass „d Wib’r“ jetzt das Skispringen erobert haben, findet er durchaus in Ordnung. Wenn sie denn genug „Schneid“ mitbrächten (das ist Dialekt und bedeutet Mut), sei nichts dagegen einzuwenden. Und einen guten Trainer hätten sie mit Andi Bauer auch, lautet sein Kommentar.
Der Höhepunkt seiner eigenen Karriere war 1959/60: Er wurde als erster westdeutscher Springer Gesamtsieger der Vierschanzentournee. In Oberstdorf, Garmisch und Innsbruck belegte er damals jeweils den 1. Platz, nur in Bischofshofen hatte er gepatzt, sonst wäre ihm damals der „Grand Slam“ gelungen, den als erster Sven Hannawald 2002 schaffte. Die Siegprämie damals: Ein Schnellkochtopf, heute in unserem Oberstdorf Café in der Kirchstraße zu betrachten.
Weitere besondere Erfolge waren vier Deutsche Meistertitel 1956, ‘57, ‘58 und ’64. Auf internationaler Ebene war Max drei mal Olympiateilnehmer wobei er 1956 in Cortina d’Ampezzo den undankbaren Rang vier belegte. 1960 in Squaw Valley landete er auf Rang sechs in der Ergebnisliste. Bei der Nordischen Ski-WM 1962 in Zakopane kam er am 25. Februar auf der dortigen Großschanze auf Rang 9 und beim Skifliegen am Kulm am 4. März 1962 landete Max auf Rang 3.
Eine stattliche Sammlung seiner Pokale steht in unserem Kaminzimmer und oft sind die Gäste erstaunt, dass diese alle von einer einzigen Person errungen wurden. Auch einige alte schwarz-weiß Fotos versetzen den Betrachter in Erstaunen über die damals geradezu dürftige Ausrüstung.
Mit Pluderhose, Pudelmütze und weißen Fäustlingen gehörte er zu den Pionieren dieses bis heute waghalsigen Sportes. Und wenn unser Opa Max von früher erzählt, glitzern seine Augen noch immer. Viel Mut gehöre zum Skispringen, weil die Luft ja keine Balken habe. Und Respekt vor der Landung habe er immer gehabt, gibt er zu.
Daran, dass es heute jedes Jahr weiter gehe, und sei es nur einen halben Meter, sähe man, dass die wissenschaftliche Entwicklung nicht stehen bliebe, erklärt Max, der über viele Jahre zahlreichen Ehrengästen wie u. a. Franz Josef Strauß und Paul Breitner die Oberstdorfer Skisprunganlagen zeigen durfte.
Auch unser Opa Max hat mit seinem Material experimentiert und hat es weiterentwickelt. Schon damals gehörten Tests im Windkanal dazu. Und einmal, erinnert er sich, habe er einen Brocken Paraffin „organisiert“ und hätte damit „etwas gemogelt“. Nachts um zwei Uhr sei er aufgestanden und hätte die Skier damit solange poliert, bis sie spiegelglatt waren. Schon beim Training habe er sie ausprobiert und wäre begeistert gewesen. Die Kommentare der Gegner hätten nicht lange auf sich warten lassen: Auf den Max müsse man Obacht geben, habe es geheißen.
1965 beendete Max Bolkart seine erfolgreiche Karriere. Eine Stelle als Trainer lehnte er ab. Als Ehemann und Familienvater war es ihm wichtiger, zu Hause zu sein. Unterwegs war er lange genug.